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Unser neues Mitglied Ethius Invest im Interview

02. November 2020Portraits, SENS-News

Die Ethius Invest Schweiz GmbH ist ein auf die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der nachhaltigen Vermögensverwaltung und der nachhaltigen Vermögens- und Finanzberatung ausgerichtetes Unternehmen. Zu diesem Zweck initiiert und fördert Ethius die Auflage einer Kollektivanlage mit sozialen und ökologischen Zielsetzungen mit Auflage im März 2021. Ethius wurde als Gesellschaft mit beschränkter Haftung und nach Schweizer Recht, mit Sitz und Hauptverwaltung in Luzern, gegründet.

SENS heisst Ethius Invest als neues Mitglied herzlich willkommen und freut sich über den Austausch im Netzwerk.

Interview mit Luisa Lange, Sustainability Management bei Ethius Invest und Julius van Sambeck, Managing Director bei Ethius Invest

Welche gesellschaftliche Wirkung will Ethius Invest erzielen und wo sehen Sie das Unternehmen diesbezüglich in 5 Jahren?

Luisa Lange: Ethius investiert ausschließlich in nachhaltige Unternehmen für die Bestandspositionen unseres Fonds. Wir arbeiten zusammen mit Experten von NGOs, der Wissenschaft und kirchlichen Vertretern, das heisst anhand Ihrer Analysen werden börsennotierte Unternehmen, unabhängig von der klassischen Finanzanalyse, ausschließlich anhand ihren zukünftigen sozialen und ökologischen Auswirkungen selektiert. Somit ordnen wir in unserem Anlageentscheid finanzielle Aspekte diesen genannten Kriterien bewusst unter.

Mit Abstimmungen auf Hauptversammlungen und den konstruktiven Dialog mit Unternehmen versuchen wir ausserdem Wirkung zu erreichen, mit dem Ziel Risiken zu reduzieren und zu positiven sozialen und ökologischen Ergebnissen in der Unternehmensführung beizurtagen.

Wir möchten Aufklärung und Alternativen zur klassischen Geldanlage (2. und 3. Säule) bieten und ein gesellschaftliches Verständnis fördern, dass jeder Investor die Wahl hat zwischen verantwortungsvollem Anlegen mit der Vertretung von Werthaltungen oder die Wirkung des eigenen Kapitals grossen Finanzkonzernen zu überlassen.

In fünf Jahren würden wir dank eines stetig wachsenden Volumens unseres „Ethius Global Impact“ Fonds eine immer breitere Wirkung mittels unseres Abstimmungsverhaltens und „Active Ownership“ Ansatzes erzielen können und somit unseren Einfluss auf Unternehmensentscheidungen vergrössern.

Ausserdem sehen wir in der Forschung mit der ZHAW und der Unterstützung von Innosuisse grosse Chancen durch unser haus-internes Nachhaltigkeits-Research eine innovative Rating-Methode zu entwickeln. Konkret befassen wir uns damit, börsennotierte Unternehmen anhand ihrer Produkte, Dienstleistungen und Lieferketten auf soziale und ökologische Kriterien hin zu analysieren und hierauf zu bewerten.

Last but not least ist unser Team sehr gespannt, wie sich in fünf Jahren unsere sozialen Projekte entwickelt haben, die aus einem Teil unseres eigenen Umsatzes finanziert werden und mit Hilfe eines unabhängigen Beirats selektiert werden.

Welche Potenziale sehen Sie im wirkungsorientierten / sozialen Unternehmertum?

Luisa Lange: In den letzten Jahrzenten wurde an der Effizienzgestaltung unseres Systems gearbeitet. In den westlichen Ländern wurde somit ein grosser Wohlstand erschaffen, verlängerte Lebenserwartungen, bahnbrechende Innovationen waren die positiven Folgen, um nur einen Teil der Fortschritte zu nennen.

Im neuen Zeitalter des Anthropozän verändern sich jedoch die real-ökologischen und sozialen Realitäten. Die Herausforderungen unserer Zeit sind komplex. Ein weiterhin ausschliesslich auf Profit-orientiertes Wirtschaften scheint uns dazu nicht die passende Antwort zu sein. Daher ist unserer Meinung nach wirkungsorientiertes Unternehmertum eine Notwendigkeit, um Zielsetzungen näher zu kommen, die ohne die Hilfe der Privatwirtschaft schwer zu erreichen sein werden.

Wir suchen auf diesem Wege nach neuen Kooperationsformen und eine Erarbeitung eines gemeinsamen Grundverständnisses, welches neue Ansprüche formuliert, die den Herausforderungen unserer Zeit gerecht werden.

Wir sind Verfechter der Ideen von Christian Felber (Begründer der Gemeinwohlökonomie), welcher die Transformation des kapitalistischen Systems in eine nachhaltige, ethische und kooperative Marktwirtschaft einem radikalen Systemwechsel klar vorzieht. Wir bevorzugen eine Transformation „by Design“ anstatt eine „by Desaster“.

Worin bestehen für Ethius Invest Herausforderungen in der Gegenwart, und mit welchen Herausforderungen rechnen Sie in der Zukunft?  

Julius van Sambeck: Die größte Herausforderung aktuell und in der Zukunft besteht im «Greenwashing» von den verschiedenen Marktteilnehmern des Finanzwesens und der Schwierigkeit für Kunden etablierte großen Banken und kleinere Nischenakteure voneinander abzugrenzen, solange es keine Taxonomie für nachhaltige Geldanlagen gibt. Dabei spielt insbesondere der Umgang mit den verschiedenen Schlagworten wie z.B. «Impact Investing» eine bedeutende Rolle. Wir erhoffen uns klar definierte Spielregeln seitens des Gesetzgebers, denn zukünftig werden immer mehr etablierte Firmen, dessen Kerngeschäft im Widerspruch zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise steht, den Kunden mit grünem Marketing versuchen zu täuschen.