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Platform Coops als digitales Modell für kooperatives Wirtschaften

04. juillet 2020Genossenschaft, Veranstaltungen
Platform Coops klein

Am 4. Juli 2020 feiern wir den internationalen Genossenschaftstag – und damit diese Unternehmensform zusammen mit weltweit über 3 Millionen Genossenschaften.

Wir glauben, mitgliedschaftsbasierte Unternehmen leisten einen starken und sichtbaren Beitrag zum gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wohlergehen der Schweiz. CooperativeSuisse sieht die Genossenschaft als wichtiges Rechtsgefäss für wirkungsorientiertes Wirtschaften.

Obwohl das Prinzip des kooperativen Wirtschaftens als Grundlage von Genossenschaften schon lange existiert, hat die Idee nichts an Aktualität verloren. In letzter Zeit erlebt die Genossenschaft, auch in Zusammenhang mit der Digitalisierung, Aufwind: Insbesondere im Bereich der Sharing Economy ist in den letzten Jahren das Modell der platform coops als Alternative zu den Megakonzernen im Silicon Valley entstanden.

Über diese Plattform-Genossenschaften, kurz platform coops, haben wir uns vor zwei Tagen in einer Online-Veranstaltung ausführlich unterhalten. Lesen Sie die wichtigsten Erkenntnisse daraus zusammengefasst oder schauen Sie die ganze Diskussion nach.

https://www.youtube.com/watch?v=77SvWxE9kVE&feature=emb_title

Platform Coops: Genossenschaften mit digitalem Geschäftsmodell

Das Businessmodell der klassischen Plattformökonomie kreiert Wert, indem es Produzenten und Konsumenten zusammenbringt. Wichtige Merkmale sind dabei Netzwerkeffekte und eine hohe Digitalisierung für die Nutzung von Daten zur Erhöhung der Produktivität. Zu den bekanntesten Beispielen zählen dabei Uber, Airbnb, Facebook oder Amazon. Diese Megakonzerne haben häufig eine starke Monopolstellung.

Eine Alternative zu diesen Konzernen stellen platform coops dar. Sie unterschieden sich darin, als dass sie genossenschaftliche, demokratisch geführte Unternehmen mit einem digitalen Geschäftsmodell sind.

Platform coops sind somit anders, weil sie sich im Besitz und unter der Leitung derjenigen befinden, die von ihnen abhängig sind – Arbeitnehmer*innen, Nutzer*innen und andere relevante Interessengruppen. Es sind Organisationen, die Eigentum und Mitbestimmung neu denken.

Beispiele für platform coops gibt es viele. Einge davon sind z.B. Fairbnb.coop, MIDATA, Resonate oder Fairmondo.

Fairbnb.coop

Fairbnb.coop ist aus verschiedenen Initiativen in europäischen Städten wie Bologna, Amsterdam und Valencia entstanden, erzählte Damiano Avellino, einer der Gründer. Ziel ist eine Plattform, von der alle profitieren, nicht bloss einige Investoren. Zudem sollen die negativen Folgen des Tourismus aufgefangen werden durch die Unterstützung von sozialen Projekten in den jeweiligen Städten. Auch gilt eine One-Host- und One-Home-Richtlinie: damit wird verhindert, dass Benutzer mehrere Immobilien auflisten.

MIDATA Genossenschaft

MIDATA möchte die Hoheit über die eigenen Daten den Menschen zurückgeben, erläutert Ernst Hafen, Präsident der Verwaltung der MIDATA Genossenschaft. Bürger*innen können ihre verschiedenen gesundheitsbezogenen und anderen persönlichen Daten an einem einzigen, sicheren Ort speichern und diese mit Freunden oder Ärzten teilen oder bei Forschungsprojekten mitwirken. So werden Daten für das Gemeinwohl genutzt und gleichzeitig können die Ansprüche auf Kontrolle über personenbezogenen Daten gewahrt werden.

Vertrauen der Nutzer*innen in ihr Produkt wird immer wichtiger

Eine der grössten Herausforderungen für platform coops ist die Konkurrenz der übermächtigen Silicon-Valley-Firmen und deren gewaltige finanziellen Mittel. Für platform coops spricht jedoch, dass das Vertrauen der Nutzer*innen in das Produkt immer wichtiger wird, insbesondere auch nach Skandalen wie Cambridge Analytica. Dennoch muss auch für platform coops immer der Anspruch sein, ein besseres Produkt anzubieten als das aus Kalifornien. Die User müssen den unmittelbaren Nutzen sofort sehen können.

Langfristiges Bestehen wegen genossenschaftlichen Eigentumsverhältnissen

Ein wichtiger Vorteil von plattform coops ist, dass Werte im Mittelpunkt stehen. Viele Menschen beginnen ihr Konsumverhalten zu hinterfragen und auf lokale Lösungen zurückzugreifen. Zudem sind die Eigentumsverhältnisse ein Vorteil für die Langfristigkeit von platform coops: Wenn eine tolle Leistung angeboten wird, kann nicht einfach jemand mit viel Geld die Idee kaufen. Hier spielen auch Gedanken über Eigentumsmodelle wie Verantwortungseigentum mit rein.  

Zukunftsaussichten: Wie entstehen mehr platform coops?

In Zukunft könnte Europa könnte eine wichtige Rolle spielen, einen dritten Weg in der Sharing Economy zu etablieren zwischen dem US-dominierten Venture Capital Modell und dem staatlichen Modell Chinas. Dieses dritte Modell basiert auf einer demokratischen, bürger*innenzentrierte Organisation. Unterstützen könnte diese Entwicklung am Anfang z.B. auch Stiftungen.

Weitere Informationen: Wie gründe ich eine eigene platform coop?

Einen Online-Kurs als Einführung & Unterstützung bei der Gründung und Weiterentwicklung von platform coops bietet der Platform Coops Now! Online Kurs vom Platform Cooperativism Consortium (Trebor Scholz) und der Mondragon University an. Partner des Kurses ist im deutschsprachigen Raum die Platform Cooperatives Germany.