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Genossenschaft für innovative Geschäftsmodelle

10. Juli 2021Genossenschaft, SENS-News, Veranstaltungen
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Genossenschaften haben in der Schweiz eine lange Tradition. Obwohl das Prinzip des kooperativen Wirtschaftens als Grundlage von Genossenschaften schon lange existiert, hat die Idee nichts an Aktualität verloren. Denn: mitgliedschaftsbasierte Unternehmen leisten einen starken und sichtbaren Beitrag zum gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wohlergehen der Schweiz. SENS sieht die Genossenschaft als wichtiges Rechtsgefäss für wirkungsorientiertes Wirtschaften.

Den internationalen Genossenschaftstag am 3. Juli 2021 nahmen wir daher als Gelegenheit, diese Unternehmensform ins Rampenlicht zu rücken. In der Innovationsgenossenschaft die Cuisine haben wir uns mit unterschiedlichsten Genossenschaften darüber unterhalten, weshalb es sich lohnen kann, innovative und insbesondere wirkungsorientierte Geschäftsmodelle im Rechtsgefäss der Genossenschaft umzusetzen.

Welche konkreten Beispiele es gibt, und warum auch Startups sich als Genossenschaften organisieren können, erklärten uns zu Beginn die sechs Startups, die am diesjährigen Swiss CoopStarters, dem Mentoring für Schweizer Startup-Genossenschaften, teilnehmen.

In der anschliessenden Podiumsdiskussion unter Moderation der Genossenschaftsexpertin Regina Natsch, diskutierten wir mit bereits etablierten Genossenschaften aus verschiedensten Branchen Themen rund um Gründung und Management dieser Unternehmensform. Mit dabei waren Lars Kläger (Mobility Genossenschaft), Annina Just (Genossenschaft die frischlinge), Amadeus Wittwer (Energie Genossenschaft Schweiz) sowie Lukas Bühler (dieCuisine).

Warum als Unternehmen überhaupt diese Rechtsform wählen? Bereits bei der Einstiegfrage gingen die Antworten der Podiumsgäste auseinander, wobei aber drei Hauptargumente immer wieder auftauchten: Mitbestimmungsrecht, Engagement der Community sowie die Finanzierung.

So hat etwa die Genossenschaft die frischlinge die Anfangsfinanzierung über ein zweistufiges Modell mit dem Verkauf von Genossenschaftsanteilsscheinen und einem Crowdfunding kombiniert. Auch für dieCuisine war laut Mitgründer Lukas Bühler die Eigenkapitalbeschaffung durch Genossenschafter:innen ein ausschlaggebendes Argument für die Gründung mit dieser Rechtsform.

Das Engagement der Genossenschaftsmitglieder war für das Entstehen der Mobility Genossenschaft, die heute 70’000 Kund:innen hat, zentral. Dieser Organisationsaufbau auch durch dieses freiwillige Engagement wäre mit einem klassischen Finanzierungsmodell nicht möglich gewesen, erklärte Lars Kläger, GL-Mitglied der Mobility.

Ein anderer Vorteil der Genossenschaft führte Amadeus Wittwer an. Bei der Gründung der Energie Genossenschaft Schweiz vor fast zehn Jahren stand der Grundsatz fest, dass einem Verkauf des Unternehmens alle Mitglieder einverstanden sein müssen. Dies habe sich jetzt ausbezahlt gemacht, weil heutzutage in der Energiebranche grössere Player kleinere Betriebe häufig aufkauften. Diese Gefahr besteht bei der Energie Genossenschaft Schweiz weniger.

Eine Genossenschaft zu gründen und zu führen, das ist aber auch mit einigen speziellen Herausforderungen verbunden. Neben rechtlichen Herausforderungen beim Verfassen der Statuten kann die Finanzierung neben den oben genannten Vorteilen auch ein Hindernis sein, da konventionelle Geldgeber wie Banken oder Stiftungen kritischer auf Genossenschaften blicken.

Wie schaffen wir es, dass sich mehr Genossenschaften gründen? Mit dieser Frage in die Runde verknüpfte Moderatorin Regina Natsch die Frage, ob denn Genossenschaften insbesondere bei jüngeren Menschen ein eher verstaubtes Image hätten.

Die vier Diskussionsteilnehmenden waren sich einig: das trifft nicht zu, denn der Aspekt des Teilens sowie der kooperative Ansatz seien sehr aktuelle und zeitgemässe Gedanken. Lars Kläger ergänzte, dass auch mit jüngeren Kund:innen vermehrt mit digitaler Partizipation Austausch stattfindet. Bei der Energie Genossenschaft Schweiz ist auch die evolutionäre Organisationsform ein zentrales Element der Unternehmenskultur, d.h. der Einbezug von Mitarbeiter:innen in Entscheidungen. Einzig der Name sei vielleicht etwas schwerfällig, merkt Annina Just an. Die englische & französische Bezeichnung cooperative wäre bereits etwas lockerer.

In einer Schlussrunde richteten die Vertreter:innen der etablierten Genossenschaften dann noch einige Tipps an die Startup-Genossenschaften. Dabei bezogen sich diese Tipps vor allem auf das konsequente Ausnutzen der Vorteile der Genossenschaftsform wie dem Einbezug und der Vernetzung der Community z.B. mit dem Abholen von Ideen und Feedback. Zudem ist es ratsam, sich den Zweck der Genossenschaft immer in Erinnerung zu rufen und daran zu denken, dass die Genossenschaft ein langfristig ein stabiles Konstrukt ist, das letztendlich das Gemeinwohl stärkt.