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Wie partizipativ sind Genossenschaften in der Schweiz?

07. März 2021Facts & Figures, Genossenschaft
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Ein Hauptmerkmal von Genossenschaften ist die gesetzlich festgeschriebene Partizipation von GenossenschafterInnen an wichtigen Entscheidungen. Diese Mitbestimmung erfolgt demokratisch durch das Kopfstimmprinzip und ist unabhängig vom ökonomischen Gewicht. Das heisst: jede Genossenschafterin und jeder Genossenschafter hat genau eine Stimme, egal wie viele Genossenschaftsanteile er oder sie gezeichnet hat. 

Wie fest wird die Partizipation bei Genossenschaften in der Schweiz gelebt?

Die Studie Aktuelle Entwicklungen im Genossenschaftssektor von Markus Gmür, Ueli Löffel und Peter Schmid zeigt, dass Genossenschaften ihre Mitgliederbasis auch ausserhalb der jährlichen Generalversammlung in Entscheide miteinbeziehen (22% bei allen wichtigen Entscheidungen; 17% zumindest von Zeit zu Zeit; 20% eher selten). Eine besonders hohe Partizipation wurde bei kleinen (15-20 Genossenschafter) und mittelgrossen Genossenschaften (20-30 Genossenschafter) festgestellt.

«Die Grösse der Genossenschaft ist ein wichtiger Faktor für die Partizipation», sagt Ueli Löffel, Doktorand am VMI und Mitautor der Studie. Die Gründe für dieses Ergebnis seien in den Koordinationsproblemen und den damit verbundenen Kosten zu suchen. «Die Kosten steigen mit der Grösse der Genossenschaften und führen dazu, dass sich Mitglieder weniger engagieren», meint Löffel.

Neben der Grösse scheint die Mitgliederbeteiligung davon auch abzuhängen, in welcher Branche eine Genossenschaft tätig ist. Eine besonders hohe Partizipation verzeichnen Genossenschaften im verarbeitenden Gewerbe, im Baugewerbe und Wohnbaugenossenschaften, sagt Markus Gmür, Professor für NPO-Management und Forschungsdirektor des Verbandsmanagement Instituts (VMI) an der Universität Freiburg/CH.

Bei Genossenschaften im Einzel- und Grosshandel, Infrastrukturgenossenschaften und Finanzdienstleistern ist die Partizipation dagegen eher gering. Dies scheint damit zusammenzuhängen, dass Mitglieder von Genossenschaften im verarbeitenden Gewerbe sowie im Baugewerbe oft auch Mitarbeiter*innen der Genossenschaft sind. Bei Genossenschaften im Einzel- und Grosshandel, Infrastrukturgenossenschaften sowie Finanzdienstleistern sind die Genossenschafter*innen oft Kund*innen und werden als solche weniger in Entscheide involviert.

Über die Studie:

Markus Gmür, Ueli Löffel und Peter Schmid: Aktuelle Entwicklungen im Genossenschaftssektor. Verbands-Management, 45. Jahrgang, Ausgabe 3 (2019), S. 6-16.